Objektive Hörtests
Den umfassendsten Eindruck vom Hörvermögen liefert die Hirnstammaudiometrie (Brainstem Electric Response Audiometry, BERA). Dabei handelt es sich um ein spezielles EEG, es werden also die elektrischen Hirnströme gemessen.
Wenn bei einem normalen Ohr der Schall bis in die Schnecke gelangt, wandeln die inneren Haarzellen ihn in elektrische Signale um. Diese wandern entlang des Hörnervs in den Hirnstamm. Dort werden die Signale von den vielen Nervenzellen der beiden Ohren an verschiedenen Nervenkernen verarbeitet und weitergereicht. Zum Schluss wird die aufbereitete Information an die Hörrinde des Großhirns geleitet, und erst dann wird uns bewusst, dass wir etwas hören.
Die Arbeit im Hirnstamm erledigen Nervenzellen, indem sie ihre elektrischen Spannungen (man sagt auch „Potentiale“) verändern. Mit empfindlichen Messinstrumenten lassen sich diese Veränderungen auf der Kopfhaut nachweisen. Dazu wird kein Strom in den Kopf geleitet, sondern das Gehirn stellt die elektrischen Signale selbst her. Die Elektroden genannten kleinen Metallplättchen nehmen diese nur auf und geben sie an den angeschlossenen Apparat weiter. Sind die Elektroden erst einmal aufgeklebt, merkt der Patient davon gar nichts. Die Schwankungen der Hirnströme beim Beschallen des Ohres verraten dem erfahrenen Arzt, ob das Signal alle Verarbeitungszentren erreicht und von dort weitergeleitet wird.
Am besten ist es, wenn der Patient während der Untersuchung schläft. Wenn Sie ein Kleinkind unmittelbar vor dem Besuch beim Arzt wach halten und erst direkt vor der Untersuchung füttern, wird es während der Prozedur ruhig schlummern. Älteren unruhigen Kindern gibt der Arzt ein Beruhigungsmittel. Dann bekommt der Patient drei oder vier kleine Elektroden auf den Kopf geklebt, eine davon auf die Stirn oder den Scheitel und eine hinter jedes Ohr (sie lassen sich nach dem Test ganz leicht wieder ablösen). Anschließend setzt der Arzt dem Patienten Kopfhörer auf oder er steckt ihm Ohrstöpsel in die Gehörgänge. Damit sind die Vorbereitungen abgeschlossen, und die eigentliche Messung kann beginnen.
Über die Kopfhörer oder die Ohrstöpsel schickt der Arzt Klicktöne in die Ohren des Patienten, zuerst laute, dann leisere. Beide Ohren werden getrennt vermessen. Das Gerät wiederholt automatisch in jeder Sekunde viele Durchgänge, sodass am Bildschirm eine zackige Kurve erscheint. An ihr kann der Arzt ablesen, ob das Signal im Hirnstamm des Patienten ankommt oder nicht.
Auf diese Weise ermittelt der Arzt die Hörschwelle, also jene Lautstärke, ab welcher das Ohr hört. Bei ganz jungen Kindern bieten die objektiven Methoden meistens die einzige Möglichkeit, etwas über ihr Hörvermögen zu erfahren. Sobald die Patienten selbst aktiv an den Messungen mitarbeiten können, treten subjektive Audiometrieverfahren in den Vordergrund. Sie umfassen schließlich alle wichtigen Kriterien: die Schallleitung im Außen- und Mittelohr, die Schallempfindung im Innenohr und durch den Hörnerv sowie die Verarbeitung im Gehirn. Damit beantworten sie auch die wichtige, aber nur subjektiv zugängliche Frage, wie viel ein Patient mit dem, was es wahrnimmt, wirklich anfangen kann.